Seit Jahrzehnten träumen Forscherinnen und Forscher von einem Gerät, das Wasser aus der Luft auffängt und Wasserstoff als Treibstoff liefert, der ausschließlich mit Sonnenenergie betrieben wird. Nun haben Kevin Sivula und sein Team von der EPFL-Abteilung für Chemieingenieurwesen einen großen Schritt gemacht, um diesen Traum Wirklichkeit werden zu lassen.
Halbleiter-Beschichtung absorbiert Wasser aus der Luft und produziert Wasserstoff.
Ihr geniales und einfaches System kombiniert eine auf Halbleitern basierende Technologie mit neuartigen Elektroden, die sich durch zwei wichtige Eigenschaften auszeichnen: Sie sind sowohl porös, um den Kontakt mit dem Wasser in der Luft zu maximieren, als auch transparent, um die Sonneneinstrahlung auf die Halbleiterbeschichtung zu maximieren. Wenn das Gerät dem Sonnenlicht ausgesetzt wird, absorbiert es Wasser aus der Luft und produziert Wasserstoff.
Diese transparenten, porösen und leitfähigen Elektroden ermöglichen die Umwandlung von Wasser – in seinem gasförmigen Zustand aus der Luft – in Wasserstoff als Kraftstoff. Mit diesen hochmodernen Elektroden können Sie sich die Kraft der Sonne zunutze machen und Ihre Geräte damit betreiben.
„Um eine nachhaltige Gesellschaft zu verwirklichen, brauchen wir Möglichkeiten, erneuerbare Energie in Form von Chemikalien zu speichern, die als Brenn- und Einsatzstoffe in der Industrie verwendet werden können. Solarenergie ist die am häufigsten vorkommende Form erneuerbarer Energie, und wir bemühen uns um die Entwicklung wirtschaftlich wettbewerbsfähiger Verfahren zur Herstellung von Solartreibstoffen“,
sagt Sivula vom EPFL-Labor für Molekulartechnik optoelektronischer Nanomaterialien und Hauptautor der Studie.
Inspiration kommt aus einem Pflanzen-Blatt
Inspiriert von der Art und Weise, wie Pflanzen Sonnenlicht mit Hilfe von Kohlendioxid aus der Luft in chemische Energie umwandeln, haben EPFL-Ingenieure und Toyota Motor Europe transparente Gasdiffusionselektroden entwickelt, die wie ein künstliches Blatt wirken können. Diese Elektroden, die mit einem lichtsammelnden Halbleitermaterial beschichtet sind, können Wasser aus der Luft und Sonnenlicht absorbieren, um Wasserstoff-Gas zu erzeugen. Die Energie des Sonnenlichts wird dann in Form von Wasserstoffbindungen gespeichert und ermöglicht so die Herstellung erneuerbarer, fossilfreier Kraftstoffe.
Dieser Prozess ahmt die Fotosynthese nach, bei der eine Pflanze Kohlendioxid und Wasser aus der Umwelt aufnimmt und diese Moleküle in Zucker und Stärke umwandelt, wobei die Energie des Sonnenlichts in Form von chemischen Bindungen gespeichert wird.
Marina Caretti, Hauptautorin der Arbeit, sagt:
„Die Entwicklung unseres Prototyps war eine Herausforderung, da transparente Gasdiffusionselektroden bisher noch nicht demonstriert wurden und wir für jeden Schritt neue Verfahren entwickeln mussten. Da jedoch jeder Schritt relativ einfach und skalierbar ist, denke ich, dass unser Ansatz neue Horizonte für eine breite Palette von Anwendungen eröffnen wird, angefangen bei Gasdiffusionssubstraten für die solarbetriebene Wasserstofferzeugung.“
Die Forscher konzentrieren sich nun darauf, das System zu optimieren. Was ist die ideale Fasergröße? Die ideale Porengröße? Die idealen Halbleiter und Membranmaterialien? Diesen Fragen geht das EU-Projekt „Sun-to-X“ nach, das diese Technologie vorantreiben und neue Wege zur Umwandlung von Wasserstoff in flüssige Kraftstoffe entwickeln soll.
Wirkungsgrad der Wasserstoff-Umwandlung noch gering
Die Wissenschaftler räumen ein, dass der Wirkungsgrad ihres Prototyps bei der Umwandlung von Solar- in Wasserstoff bescheiden ist und derzeit unter dem Wirkungsgrad liegt, der bei PEC-Zellen auf Flüssigkeitsbasis erreicht werden kann. Auf der Grundlage der verwendeten Materialien liegt der maximale theoretische Wirkungsgrad der Umwandlung von Solar- in Wasserstoff mit dieser Methode bei 12 %, während bei Flüssigzellen ein Wirkungsgrad von bis zu 19 % nachgewiesen wurde. Allerdings haben die Wissenschaftler diesen Umwandlungswirkungsgrad in ihrer Demonstration nicht formell untersucht.
Spannend wäre es aber doch, wenn z.B. auf einem Flugzeug montierte Solarzellen noch in der Luft den Wasserstoff herstellen könnten, den ein Wasserstoff-Flugzeug verbrennt. So könnte Reisen vielleicht sogar wieder ökologisch vertretbar werden.